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AutorenbildWolfgang Baus

Die Chance habe ich ordentlich versemmelt - oder DRANBLEIBEN

Aktualisiert: 5. Sept. 2022

Aus der Serie, Dinge die man so nicht machen sollte.


Schon als Schüler der Fußballmannschaft, in der ich durchaus ambitioniert als Verteidiger spielte, trug ich den Beinamen „Chancentot“. Dieses Attribut ist ja durchaus positiv, und dass die Mitspieler mich als solches sahen, hätte mich mit Stolz erfüllen können.

Leider war es aber eher so gemeint, dass man mich lieber nicht anspielen sollte, da ich in der Lage war, alleinstehend vor des Gegners Tor, den Ball mit nachtwandlerischer Sicherheit zu versemmeln und weit am Tor vorbei zu schießen.

Von einer vergleichbaren Begebenheit bei einem meiner Fotowalks will ich hier berichten.


Sommer 2022 in Hamburg. Einheimische und Touristen schwitzen bei 35° Celsius, und verbleiben lieber nicht übermäßig lange an der, gar nicht so frischen, Hamburger Luft. Aber es sind ja immer mal Leute auf der Straße, und so hatte ich meine GRIII gegriffen und bin ein wenig am Hafen – an der Jan-Fedder-Promenade – promeniert, um mal zu gucken ob sich was an Motiven ergibt.


Und was soll ich sagen, nicht nur ich hatte eigentlich keine Lust, auch die Motive wollten nicht so richtig. Aber dann erregte da doch eine Situation meine Aufmerksamkeit. In rund 150 Meter Entfernung an der Ampel standen, mitten im Nachmittagstrubel dieses Hochsommertages, neben anderen Passanten, zwei SUP’er mit ihren Stand up Paddeling Boards.

Die Geschichte dazu war für mich klar. Sie sind auf den Kanälen der Hamburger Speicherstadt unterwegs gewesen, und offensichtlich auf dem Weg zur naheliegenden U-Bahnstation.

Was für eine verrückte Situation, Stand up Paddler auf dem Weg zu Bahnhof.

Leider waren sie zu weit weg, und ich habe sie nur noch von hinten gesehen, wie sie im Bahnhof verschwanden. Es reichte zumindest noch für 2-3 Schnappschüsse, bevor ich der Verlockung nicht widerstehen konnte den herannahenden Bus zu besteigen, der mich Richtung Heimat transportieren sollte.


So weit so gut. Im Bus sitzend fiel es mir wie Schuppen vor den Augen. Man, was hätte eigentlich noch passieren müssen, um diesen Elfmeter nicht zu verwandeln?

Hatte ich doch vor Kurzem mit Aufmerksamkeit, dem von mir sehr geschätzten Martin U. Waltz (https://streetberlin.net/) bei einem Vortrag gelauscht, in dem er über die Essentials der Streetphotography referiert hat. Hatte er doch sehr eindrücklich erklärt, bleibt an der Szene dran, bis sie zu Ende ist. Das Beste kommt oft erst zum Schluss.

Und er hätte mit Sicherheit recht behalten, das Bild kann ich mir perfekt vorstellen, wie da zwei Paddelbretter in einer U-Bahn der Großstadt verschwinden.

Ja Martin, Du hast recht ich hätte diese Chance ergreifen und dranbleiben müssen. Vielleicht sogar mit der U-Bahn mitfahren, aber zumindest so lange warten, bis die U-Bahn den Bahnhof verlässt.


Diese Lektion habe ich jetzt gelernt – DRANBLEIBEN – bis die Arie zu Ende gesungen ist.

Wie der große Helmut Newton schon sagte, die ersten 10.000 Bilder sind die Schlechtesten. Gut nur, dass ich weit weg von meinen ersten 10.000 Bildern bin.

Also liebe Leserin, seid geduldiger als ich und bleibt dran. Ich denke das ist der Unterschied von den Knipsern zu echten Straßenfotografen, ich gebe die Hoffnung nicht auf.

Beim Fußball hat es nicht geklappt, vielleicht klappt es ja bald mal mit dem Einfangen der Geschichten von der Straße.




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